Allgemeiner Film-Thread

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Secretkey
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Weekend
Den Blick über unseren sonstigen Tellerrand hinaus schweifen zu lassen, ist notwendig, um unser Wesen und unser Verständnis von allem zu bereichern. Tut man dies, wird man auch auf diesen kleinen Film aufmerksam, der sich mit einem kleinen Ausschnitt des Lebens und einer kleinen Welt zufrieden gibt und uns dafür umso mehr zu sagen hat. Es ist ein Film, der all das ist, was Hollywood-Produktionen à la 'Brokeback Mountain' gerne zu sein versuchen.

Nach einer langen Freitag-Nacht wacht Glen in Russells Bett auf und kriegt zunächst einen Kaffee gebracht, während die Erinnerungen an den Abend langsam zurückkehren. Die beiden sind schwul, haben sich in einem Club kennengelernt und sehen nun im Morgenlicht, mit wem sie eigentlich die Nacht verbracht haben. Sofort will man das Bett aber nicht verlassen, man versteht sich, gerät ins Plaudern und tauscht am Ende tatsächlich Nummern aus. Irgendwas ist dort, irgendwie will man nicht voneinander ablassen. Der Funke, der das Kennenlernen eines anderen Menschen, einer anderen Welt erst so interessant macht, ist bei beiden übergesprungen. Sie bilden unterschiedliche Persönlichkeiten: Russell reserviert, der seine Sexualität als Teil von sich akzeptiert, diese aber öffentlich nicht zeigen muss und sein Glück am liebsten in einer heimeligen Beziehung finden wollen würde ; Glen, in der Liebe zu oft verletzt worden, als dass er sich auf was langfristiges einlassen könnte, aber dennoch die Einsamkeit nicht aushalten würde. Das wichtigste jedoch – sie sind offen und zeigen Verständnis füreinander, sind aufrichtig an ihrem Gegenüber interessiert und es kommt zu tiefgründigen Gesprächen, die immer mehr von ihnen preisgeben.

Würde man 'Weekend' in die Filmlandschaft einzuordnen versuchen, so würde ich ihn als eine Art 'Before Sunrise' nur mit einem schwulen Pärchen beschreiben. Mit einer ähnlichen Dialoglastigkeit schafft es der Film, wohl die größte Magie einzufangen, die unser menschliches Leben bietet: den Moment des Kennenlernens. Wenn zwei Welten ihre Schleusen öffnen und zwischen ihnen die Brücke des Austauschs floriert. In intimer Atmosphäre schafft es der Film den Charakteren ein glaubhaftes, gemeinsames Band überzuziehen und erlaubt es ihnen, Gespräche voller Tiefsinnigkeit zu führen, die aus dem Leben gegriffen sind. Gespräche, in denen die Hoffnung liegt, verstanden und angenommen zu werden und die mich in einigen Momenten zu Tränen gerührt haben, nur um mir wenige Augenblicke später, wieder ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
Das Kunststück gelingt, weil der Film voller Lebensnähe und Authentizität strotzt. Glen und Russell wirken nicht wie bloß Schauspieler, die sich ein Kostüm übergestreift haben, sondern wie aus Fleisch und Blut. Echte Menschen, so wie wir. Würde man sie verletzen, könnte man ihnen beim Bluten zuschauen – zumindest erhält man diesen Eindruck. Sie lassen auf intensive Art ihre Körper und Augen sprechen, fallen sich gegenseitig ins Wort und die Kamera bietet uns durch stets den nötigen Abstand, den Respekt, der uns erlaubt, die beiden auf ihren Konversations-Streifzügen zu begleiten.

Auf ihrem Weg streifen sie dabei auch immer wieder Pfade, die spezifisch auf die Welt der Homosexualität zugeschnitten scheinen – so könnte man zumindest meinen. Macht man allerdings einen Schritt seitwärts, erkennt man darin universelle Wahrheiten, in denen wir uns alle wiederfinden können. Denn um den Film genießen zu können, braucht man nicht schwul zu sein – lediglich die Fähigkeit, sich emotional in den anderen hineinfühlen zu können. Den Blick über den Tellerrand hinaus. 10/10
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Toad
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Toad »

Suchst du gezielt Filme zum Thema "Homosexualität"? ;)
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Hehe, nein - Brokeback Mountain hatte meine Freundin auf die Liste gesetzt. Wir haben so ein Abkommen, dass jeder 20 Filme für den anderen raussucht, die man dann zusammen anschauen "muss" - quasi die filmische Erziehung für den jeweils anderen :wink: Brokeback Mountain war ihre Wahl und er ist so furchtbar, dass ich der festen Überzeugung war, das muss innerhalb dieser Thematik doch tausendmal besser gehen. Da ist mir 'Weekend' eingefallen, von den ich mal vor 1-2 Jahren nur gutes gehört hatte, daher die beiden Filme so schnell hintereinander :wink:

Aber hey, schaut euch Weekend mal an. Unglaublich wahrhaftiger und schöner Film!
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Zeiten des Aufruhrs
Statik. Nichts als Statik. Möglicherweise war es Sam Mendes' Absicht, seinen Film gänzlich ohne einen Hauch von Leben zu inszenieren. Den Mut nur von Veränderungen zu träumen, diese aber nicht aktiv herbeizuführen – eingefangen auf Kamera. Er ist ein fähiger Regisseur, es wäre ihm also zuzutrauen, vielleicht sollen wir uns also tatsächlich von einer Blase der Passivität einlullen lassen. Es ist definitiv kein Film der Spaß machen soll und dennoch fällt es mir schwer, die Brillianz hinter ihm zu erkennen.

Gemeinsam mit seinen Hauptdarstellern Leonardo DiCaprio und Kate Winslet, die nach Titanic zum ersten Mal wieder zusammen ein Paar auf der Leinwand spielen dürfen, zeichnet uns ein Leben auf, von dem viele träumen und es gleichzeitig fürchten. Ein abgesichertes Leben, sesshaft mit Frau und Kindern, wo die Sonne in den Vorgarten scheint und man sich dennoch zu betrügen scheint, um es ertragen zu können. Als Büroangestellter – als kleines Rädchen im großen Getriebe – steckt Frank Wheeler in einem Job, der ihn nicht ausfüllt und nicht mal ansatzweise glücklich macht. Seine Ambitionen sind im Keim erstickt und für seine Frau stellt er bloß noch irgendeinen Kerl da, „der sie mal auf irgendeiner Party zum Lachen gebracht hat“. Es ist ein hoffnungsloses Leben scheinbar mit einem schwarzen Loch inmitten ihrer Beziehung, das mit einer unbarmherzigen Anziehungskraft jegliches Leben und jede Leidenschaft aus ihnen zu saugen scheint. Doch eine neue Hoffnung keimt plötzlich auf, als aus der fast gänzlich vertrockneten Erde, die wahnwitzige Idee aufkommt, das alles hinter sich zu lassen und in Paris, auf der anderen Seite des Atlantiks, einen Neuanfang zu wagen, um endlich wieder glücklich zu werden.

Justin Haythes Drehbuch schneidet viele gesellschaftliche Themen an, die zwar ihre Wurzeln in den 50er Jahren finden, in denen die Geschichte spielt, die aber auch heute noch ihre Brisanz aufweisen. Welchen Platz nehmen wir in der Gesellschaft ein? Welche unterschiedliche Rollen übernehmen dabei Mann und Frau und wie ist der Spagat aus Sicherheit und Glückseligkeit zu bewältigen, ohne dass man das Leben dabei verschläft? Antworten liefert uns der Film auch keine, schafft es aber durch seine Unerträglichkeit immerhin gedanklich etwas anzustoßen, wenn man Zeuge dieser Eheleute wird, die zwar in neuen Träumen schwelgen, aber doch konstant damit kämpfen, den Mut für echte Veränderungen aufzubringen. Oder ist es dafür vielleicht sogar schon längst zu spät?
An sich hätte hätte der Film die Chance gehabt, uns bitterböse zu entlassen, doch ist er dafür nicht mutig genug. Hätte er 10 Minuten früher geendet, hätte er mich mit einem wesentlich flaueren Gefühl im Magen zurückgelassen, doch so fehlt etwas, was mich weiter über den Film, seine Konsequenzen und über mich nachdenken lassen möchte. Dass wir einen vermeintlich „geisteskranken“ Charakter brauchen, der die unangenehmen Wahrheiten erst aussprechen muss, um etwas in Gang zu setzen, passt dazu genau so ins Bild. Ebenso wenig hilft es von der Melodramatik des Films abzulenken, indem man ihn mit einem derart repetitiven Soundtrack untermalt, der hätte glatt aus einer „Desperate Housewives“-Episode stammen können.

Die Schauspielleistungen des Pärchens mögen an sich überzeugend gewesen sein, doch wären sie eher für ein Theaterstück geeignet, wo man seine Emotionen dem anderen entgegen brüllen muss, damit ist es auch die Zuschauer in der letzten Reihe mitbekommen können. Es fehlen auch hier die Nuancen, welche die guten Ansätze des Films ihre kalkulierte Offensichtlichkeit nehmen. 6,5/10
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Mr. Wood »

Secretkey hat geschrieben:Hehe, nein - Brokeback Mountain hatte meine Freundin auf die Liste gesetzt. Wir haben so ein Abkommen, dass jeder 20 Filme für den anderen raussucht, die man dann zusammen anschauen "muss" - quasi die filmische Erziehung für den jeweils anderen :wink:
Das kann eine echt brutale Nummer werden. Was steht denn auf der von dir verfassten Empfehlungsliste?
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Mr. Wood hat geschrieben:
Secretkey hat geschrieben:Hehe, nein - Brokeback Mountain hatte meine Freundin auf die Liste gesetzt. Wir haben so ein Abkommen, dass jeder 20 Filme für den anderen raussucht, die man dann zusammen anschauen "muss" - quasi die filmische Erziehung für den jeweils anderen :wink:
Das kann eine echt brutale Nummer werden. Was steht denn auf der von dir verfassten Empfehlungsliste?
Ja, kann es und bislang bin ich von ihrer Auswahl, um ganz ehrlich zu sein, auch nicht sonderlich überzeugt, aber es ist definitiv auch sehr spannend :wink:

Zu meiner Auswahl - es ist ein ganzer Haufen mit weit mehr als 20 Filmen, damit ich sie je nach Stimmung auch noch mal spontan etwas mixen kann. Es ist eine Mischung aus meinen absoluten Lieblingsfilmen, paar Klassikern, anhand derer man etwas die Kinogeschichte verfolgen kann und die man einfach gesehen haben muss, aber vor allem auch Filmen, von denen ich einfach ziemlich sicher bin, dass sie ihr gefallen werden.

Paar aus der Liste:

Der große Diktator, Das Apartment, Amadeus, Star Wars, Ghostbusters, Die letzten Glühwürmchen, Cinema Paradiso, Die Verurteilten, Pans Labyrinth , Brügge sehen und sterben...? , Dear Zachary, Let the right one in , Drive , Inglourious Basterds , Moonrise Kingdom , Toy Story 3 , Amour , Before Midnight , Her, Boyhood
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Odango »

Wenn mein Freund und ich dasselbe machen würden, wären wir danach Single :lol: Das wäre schlimmer, als zusammen Mario Bros. zu spielen, unterschiedlicher könnte unser Filmgeschmack gar nicht sein :kruemel:

Was ne harte Beziehungsprobe, viel Erfolg xD
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Spike »

Ach, das funktioniert, auch wenn es manchmal hart ist. Meine Frau guckt mit mir Zombiefilme, ich gucke mir ihr Twilight. Immerhin steht sie auf Action und Superhelden, das macht es schon einfacher.
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Dadurch dass ich Semesterferien habe und an sich echt viel Zeit, habe ich diesen Monat so viele für mich neue Filme gesehen, wie noch nie in meinem Leben zuvor - nicht zu allen habe ich allerdings ausführliche Reviews in meiner sonstigen Art geschrieben - das wäre mir dann doch zu viel geworden (wird bei manchen Perlen vielleicht noch nachgeliefert). Um aber dennoch paar dieser Filme hier aufzuführen, habe ich einfach mal zu einigen 3-4 Sätze geschrieben.

Donnie Darko
Fantastische Reise, die auf abgefahrene Weise alles – Sci-Fi und Mystik - vereint und einen bedrohlich-unheilvollen Umhang trägt und das dazu mit einem auf seine Art sympathisch-irren Protagonisten. Finde es aber bescheuert, dass man den Film komplett nur verstehen kann, wenn man sich in die Thematik online anliest – habe hier nämlich nicht die Director's Cut-Edition schauen können. 7,5/10

Chihiros Reise ins Zauberland
Bin eigentlich kein Anime-Fan, aber das hier war trotz geringer Handlungsdichte dennoch ein schöner Ausflug. Sehr fantasievoll und charmant abgefahren, wo man das Gefühl hat, an jeder Ecke würde was neues unerwartetes lauern, mit einer hübschen Geschichte von Freundschaft und Güte als Essenz. 8/10

Der Pate
Mein bislang wohl größtes Film-Versäumnis. Und scheiße, ist er gut – musste ihn quasi direkt zwei Mal sehen und kann einfach über nichts meckern. Allein wie innerhalb der ersten 20 Minuten – der ersten Szene – quasi alle Charaktere auf eine Art vorgestellt werden, dass sie schon ausdefiniert erscheinen, ist absolut könnerhaft. In erster Linie ist es keine Mafia-Geschichte, sondern eine Familien-Geschichte und funktioniert deshalb auf menschlicher Ebene so fantastisch, indem wir quasi zu diesen furchtbaren Menschen Sympathien entwickeln und so vorgeführt werden. Großartig! 10/10

Inglourious Basterds
Holy Fuck! Nach Pulp Fiction wohl Tarantinos bester Streifen. Selten habe ich einen Film gesehen, der emotional befriedigender ausgefallen ist. Die Schlusssequenz wirft alles historische über Board und ist daher so verdammt wirkungsvoll, weil wir uns kollektiv und kulturell einfach genau so ein Ende wünschen! Hinzu kommen bis zum letzten Spannungstropfen ausgezehrte Dialog-Sequenzen, die nicht nur von ihren verdammt überzeugenden Schauspielleistungen leben, sondern auch einen intelligenten Einsatz von verschiedenen Sprachen zeigen (darf man einfach nicht auf Deutsch sehen!) Ich muss nur noch damit klar kommen, dass dieses historische Thema tatsächlich auch zu Unterhaltungszwecken ausgeschlachtet wird, weiß aber auch, dass ich mich damit auf den Pfad der Doppelmoral bewege. Der Film an sich aber: 10/10

Nobody Knows
Japanischer Film über eine Mutter, die ihre 4 Kinder inmitten in Tokyo für ein neues Leben verlässt und diese in der Wohnung mit dem letzten Rest an Geld von nun an selbst klar kommen müssen. Unfassbar traurig, aber so minimalistisch und kalt inszeniert, dass ich mich nicht ganz reinfühlen konnte. Am Ende hat's mich aber doch kalt erwischt. 7,5/10

Searching for Sugar Man
Unfassbar gute Doku über einen Musiker, den niemand wirklich kannte, über den bloß Mythen herrschten, der aber aus irgendeinem Grund in Südafrika abertausende von Platten verkaufen konnte. Die Doku begibt sich auf die Suche nach genau diesem Musiker und erzählt eine schier unglaubliche Geschichte, die am Ende richtig zu Herzen geht – noch dazu sehr hübsch aufbereitet und erzählt. Kann ich nur empfehlen 9/10

The Grand Budapast Hotel
Lustiger, quirliger Film in einer Zwischenwelt und dessen beste Eigenschaft ist, dass er sich nur schwerlich einordnen lässt. Ich hatte meine Freude damit und es eine tolle Vision mit wahnsinnig durchdachten Bildern, die Schnitt für Schnitt ein neues Postkarten-Motiv ergeben, habe aber das Gefühl, dem Film wird mehr reingedichtet, als er eigentlich aussagen will. 8/10

Whiplash
Unglaublich gehypt, hat meine Erwartungen zwar nicht übertroffen, aber mindestens erfüllt! Absolut großartige Schauspielleistungen – vor allem natürlich von JK Simmons – und ein unglaublich körperlicher Film mit dem besten 3. Akt, den ich in letzter Zeit gesehen habe. Die Schnittleistungen sind so verdammt gut abgestimmt, es ist der Wahnsinn. 9/10

Guardians of the Galaxy
Kurzweil in Reinkultur. Über alle, die ihn als neues Star Wars-Phänomen angepriesen haben, kann ich nur lachen, denn an sich hebt er sich von der typischen Marvel-Formel kaum ab, ist lediglich in seiner Selbstironie konsequenter. Habe mich aber gut unterhalten gefühlt und um mehr sollte es auch gar nicht gehen, habe aber am Tag danach schon wieder alles vergessen. 7/10

The Good, the bad and the ugly
Großartiger Western mit einem ikonischen Soundtrack, wrikungsvollen Landschaftsaufnahmen und vor allem Charakteren, wo es einfach nur eine Freude ist, dabei zuzuschauen, wie sich stetig die Machtgefüge zwischen ihnen umkehren. Zusätzlich ein unerträglich spannender Showdown, auf den es natürlich hinauslaufen muss. Für mich zwar einen Tacken zu lang mit paar unnötigen Episoden, aber insgesamt einfach nur stark. 8,5 / 10

Fanboys
Sehr kalkulierter Geek-Humor, der an sich schon ziemlich peinlich ausgefallen ist, aber dann dennoch mit so vielen Details versehen, dass man dem Film als Star Wars-Fan in irgendeiner Form durchaus Herz zusprechen kann. Am Ende des Tages bleibt es aber ein alberner Roadtrip-Movie, der die Chance verpasst, das gesamte Fantum auch mal zu hinterfragen. 6/10

Rosemaries Baby
Wieder ein Volltreffer von Roman Polanski aus den 60ern der zu den gruseligsten Filmen gehört, die ich je gesehen habe, da der Schrecken darin liegt, wie sehr wir uns in Menschen täuschen können, die wir teilweise in unsere Welt lassen und die aber an sich völlig normal wirken. Es ist der Horror, von dem, was nebenan passiert, ohne dass wir davon etwas mitkriegen und dazu auf den Punkt inszeniert. Die Charaktere sind stark und glaubwürdig und der Spannungsbogen ist abartig lang – absolut meisterhaft mit der Handschrift eines fähigen Regisseurs. 9/10

Locke
Kammerspiel mit Tom Hardy, der im Auto sitzt und telefoniert – mehr passiert nicht, ist aber auch nicht nötig. Der Film mag zwar repetitiv sein und nach einer halben Stunde hat man sich das anfangs bewusst verschleierte Bild zusammengepuzzelt, aber Hardy spielt einfach so verdammt überzeugend und dazu einen echten Charakter, der mit festen Moralvorstellungen versehen ist und einfach nur alles richtig machen möchte. Muss man aber auch im Original sehen! 8/10

The Piano Teacher
Kranker Film von Michael Haneke über eine Klavierlehrerin, die sich in den höchsten, kulturellen Gefilden des Wiener-Konservatoriums bewegt und deren sexuelle Abgründe man im Laufe des Films erforscht. Eine abgefahrene Charakterstudie darüber, was da teilweise in uns schlummert, egal wie kultiviert wir uns geben, der aber auch aufzegt, was passieren kann, wenn diese Sehnsüchte erfüllt werden. Völlig krank, aber konsequent. 8,5/10

Blau ist eine warme Farbe
Französischer Film über ein Mädchen, das für sich herausfindet, dass es wohl lesbisch ist und eine gleichgeschlechtliche Beziehung eingeht. So weit, so gut – der Film zeichnet sich durch intelligente Charaktere, einen schönen Fokus auf das Minenspiel und eine Schauspielkunst aus, die diese Charaktere extrem lebendig und wahrhaftig wirken lässt, wobei er viele Klischees von Romanzen bewusst umgeht. Furore hat der Film vor allem aufgrund seiner extrem langen und expliziten Sex-Szenen gemacht, die zwar voyeuristisch genannt werden könnten, auf der anderen Seite aber auch diese Ebene von Beziehungen zeigen. Leider ist er am Ende mit 3 Stunden etwas zu lang ausgefallen, da er in der wenig ereignisreichen zweiten Hälfte doch etwas an Fahrt verliert. 8,5/10

Punch-Drunk Love
Auf dem Papier könnte man meinen: eine weitere Adam-Sandler Rom-Com. Regisseur ist jedoch P.T Anderson (Magnolia, Boogie Nights, The Master...), der diesen Film nicht nur in eine unkonventionelle Liebesgeschichte verwandelt, sondern auch in einen Film, wo ich am Ende nur sagen konnte: sowas absurdes habe ich noch NIE gesehen! Alle Szenen sind mit einem brillanten Einsatz des bewusst dröhnenden Soundtracks so auf den Punkt inszeniert worden, dass wir uns in diesen sozial-verängstigten Charakter verdammt gut einfühlen können. Am Ende des Tages bleibt es eine Liebesgeschichte, aber Teufel noch mal eine, die man erlebt haben muss. 8,5/10

James Bond: Skyfall
Ein Film, der darunter leidet, dass man unsere „suspension of disbelief“ sehr stark überstrapaziert, das Hirn aber nicht ganz ausschalten darf, weil er mit seinen melodramatischen Charaktermomenten bewusst menschlich und geerdet wirken möchte. Der Spagat gelingt nicht ganz und es fühlt sich eher wie eine schlechte Kopie von The Dark Knight an. Absolut fantastisch hingegen die Kamera, die mit unglaublich wertig ausgeleuchteten Perspektiven, das Geschehen einfängt. 6,5/10
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Short Term 12
Wir alle sind des anderen Engel oder Dämonen, so sagt man. Und mögen unsere Absichten und unser Handeln auch klar ausformuliert sein, so verkennt das Gegenüber doch manchmal in welcher Gestalt wir ihnen begegnen wollen. Missverstandene Verbündete werden zu Monstern. Sie wollen konfrontieren ; uns über uns hinauswachsen sehen – für uns. Zu unserem eigenen besten. Geleiten uns auf einen Weg, den wir nicht betreten wollen, doch alleine schon gar nicht bewerkstelligen können. Und doch sind sie Engel.

‚Short Term 12‘ ist ein amerikanischer Indipendent-Film entsprungen aus dem tiefsten Kern der Menschlichkeit. Wir verfolgen die Tätigkeit mehrerer Sozialarbeiter, die sich in einem Pflegeheim um „unterprivilegierte“ Kinder kümmern. Es ist die Art von Kindern, deren soziale Hintergründe man kennen muss, nicht um sie besser zu verstehen, sondern um sie aushalten zu können. Sie sind verletzlich, in ihrem Wesen erschüttert und kriegen vom Personal des Hauses einen sicheren Hafen gestellt, in dem sie andocken können. Zu Beginn des Films wird den Kollegen ein neuer Mitarbeiter an die Seite gestellt, am Ende ist der Zuschauer selbst Veteran dieser Einrichtung geworden.
Momente des trauernden Mitgefühls und erfüllender Glückseligkeit wechseln sich zwar ab, die Tränen in den Augen jedoch bleiben. Und auch wenn das Drama dahinter groß ist, sind die Momente doch klein. Kleine Gesten der Anerkennung, die eine ganze Welt ausmachen können – denn manchmal muss nichts weiter gesagt werden, man muss nur da sein. Alles wird meisterlich auf Kamera eingefangen. Die Intimität der Bilder gewährt uns über die Augen der Schauspieler Einblick in das Seelenleben der Charaktere. Blicke die fragen: „Warum bist du so nett zu mir?“ Weil Nettigkeit noch nicht zur Gewohnheit geworden ist.

Und doch ist es alles nicht einfach. Der Film beschönigt die Helfer nicht als bloße Ideale, nach denen es zu streben gilt. Sie sind menschlich – genauso verletzlich wie die Kinder, um die sie sich kümmern ; haben ihre eigene Dämonen und Abgründe, die es zu überwinden gilt. Andererseits lassen sie uns erst zu Menschen werden, bringen die Empathie-Maschine in Gang und erleichtern uns, mit anderen Wesen mitzufühlen. Abgründe werden zu Brücken.

‚Short Term 12‘ ist alles, was man sich von einem Film wünschen mag. Ihm gelingt eine überaus gelungene Mischung der Wirklichkeit und zeigt eine Umgebung auf, die anstrengend ist – denn das ist sie - ,aber eben auch voller Leben und – man mag es nicht glauben – Spaß. Es ist die Art von Emotionsachterbahn, vor der man ehrfürchtig stehen bleibt und am Ende nur noch Dankbarkeit dafür empfindet, sie doch bestiegen zu haben. 10/10
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Coyote
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Coyote »

"The Hoff" im Musikvideo zu "KungFury" :falconpunch:

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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Dicker »

Harry Potter und der Gefangene von Askaban:
Dieser Film gilt gemeinhin als das Highlight der HP-Filmreihe und das zurecht. Regisseur Cuaron schafft es in diesem Film das Grundthema des Buches auf knapp 2h zu verdichten, die „Zeit“ ist omnipräsent, sowohl inhaltlich, als auch stilistisch. Dabei geht der Film eigene Wege, klammert sich nicht mehr zu sehr an die Vorlage (aber genug, dass niemand verschreckt wird) und bringt eigene Ideen mit ein, die aus einem guten Buch erst einen guten Film machen. Denn Filme funktionieren nun mal anders als Bücher.
Man muss sagen, der Regiewechsel tut der Reihe sehr gut. Hogwarts wurde runderneuert, bekommt neue Außenflächen und Gelände hinzu, die sich harmonischer ins Gesamtbild einfügen, als noch in den beiden Teilen davor. Die Entscheidung die Schulkinder in ihrer Freizeit auch Freizeitklamotten tragen zu lassen war ebenso goldrichtig. Es gibt noch mehr solcher Kleinigkeiten, die dem Film und der Reihe helfen sich von den Büchern zu emanzipieren und nicht mehr stur das Buch 1:1 zu verfilmen, wie es vor allem noch in Teil 1 der Fall war.
Dazu kommt, dass auch das Buch zu einem der Besten der Reihe gehört, gerade weil es zwei sehr interessante und wichtige neue Charakter einführt. Das oben angesprochene Thema Zeit ist ebenfalls sehr cool und mit den Dementoren und dem Massenmörder Sirius Black schwebt über allem eine ständige Bedrohung, die den Film nicht mehr als Kinderfilm wirken lässt.

9/10


Harry Potter und der Feuerkelch:
Ich mag Bücher nicht, die sich strikt in mehrere Abschnitte unterteilen lassen, vor allem nicht, wenn es so offensichtliche Dinge sind, wie die drei Aufgaben der Trimagischen Tuniers. Daran kann auch der Film nichts ändern und man sollte es ihm eigentlich nicht ankreiden, ich muss es aber trotzdem tun. Der Film eilt von Aufgabe zu Aufgabe, ohne dass man als Zuschauer weiß, auf was das ganze hinauslaufen soll. Das ist zwar alles spannend, aber irgendwie plätschert es trotzdem nur so vor sich hin und plötzlich steht man vor dem großen Finale.
Dafür sind die Szenen, in denen es um die „Teenie Probleme“ geht (finde ein Mädchen für den Ball, ect.) super umgesetzt und spaßig anzusehen, anders als z.B. im 5. Teil. Auch hier muss man wieder sage, dass die Filme ein gutes Händchen für die Auswahl der Schauspieler haben. Fast ausnahmslos treffen sie meine Vorstellung aus dem Buch.
Insgesamt eine gute Buchverfilmung, die ein doch recht langes Buch passend zusammenfasst, aber nur ein mittelmäßiger bis guter Film.

PS: Der Alterssprung der Charakter fällt in keinem Film so auf, wie in diesem hier.

7,5/10


Harry Potter und der Orden des Phoenix
Was wurde der Film dafür kritisiert, dass er das längste HP Buch in den kürzesten Film packt und das auch zurecht. Und trotzdem, ich würde nicht sagen, dass er der schlechteste Film der Reihe ist (das ist imo der erste). Natürlich, viele Themen werden nur kurz angeschnitten oder ganz weggelassen. Man muss aber auch dazu sagen, dass im Buch viel nichtssagende Dinge passieren. Diese dienen zwar u.a. auch dazu zu zeigen, wie aggressiv und isoliert Harry ist (weil ihm keiner das mit Voldemort glaubt, wegen Umbridge, ect.) und dieser Aspekt kommt im Film klar zu kurz. Auch die Szenen im Orden sind imo zu kurz, gerade, weil hier neue Charakter nur auf der Schmalspur eingeführt werden (Tonks) und die Funktionsweise des Ordens zu wenig erklärt wird.
Andererseits funktioniert der Film trotzdem gut, vieles wird zumindest angeschnitten und auch der „Flow“ passt. Es kommt einfach keine Langeweile auf und wenn man ausblendet, was noch alles in den Büchern passiert, ist der Film recht gelungen.
Nicht so gelungen fang ich z.B. die aufblühende Romanze von Harry und Cho oder den Abgang der Weasley Brüder, das hätte man besser machen können. Das größere Problem des Films ist aber, dass es ein paar Dinge gibt, die man ohne Hintergrundwissen aus den Büchern nur schlecht oder gar nicht versteht. Hier war meine Vermutung, dass es evtl. in den entfallenen Szenen die eine oder andere gibt, die diesen Aspekt mehr beleuchtet, das ist aber leider nicht so. In allen anderen Filmen gab es immer mindestens 2 Szenen, die ich persönlich noch in den Film gepackt hätte, hier war es keine einzige. Das bestärkt mich in der Vermutung, dass das Drehbuch einfach Mist war, wenn selbst die entfallenen Szenen nicht mehr Handlungsstränge aus den Büchern aufgreifen.
Was der Film aber richtig macht, ist der Charakter von Dolores Umbrigde. Einfach nur göttlich, wie diese Person dargestellt wird. Noch nie war ein einfaches niedliches Lachen gleichzeitig so abgrundtief böse. Und Luna Lovegood ist ebenfalls ganz grandios getroffen.

Keine Ahnung was andere haben, aber ich mag den Film irgendwie.

7,5/10
Alles, das erfunden werden kann, ist erfunden worden!
(C. H. Duell, Direktor des US-Patentamts, 1899)
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Force Majeure
Ehe, Haus, Kinder – ein Traum, welcher von vielen verfolgt und ein Modell, das zunächst pauschal von den allermeisten akzeptiert wird ; und doch kein Modell, in das jeder reingezwängt werden kann und einen automatisch zu einem besseren Menschen emporsteigen lässt. Die Frage, ob uns die Nähe und Verantwortung bloß einer einzigen Person gegenüber vollends erfüllen und mir einer lebenslangen Glückseligkeit segnen kann, ist eine kontroverse und in seiner natürlichen subjektiven Befangenheit eine Diskussion, derer sich auch dieser kleine Juwel der schwedischen Filmkunst mit seinem originellen Ansatz annimmt.

Es hätte ein harmonischer Skiurlaub werden sollen. Die wohlverdiente Erholung für den hart schuftenden Ehemann Tomas und gleichzeitig die Chance dafür, den Bund der Familie wieder intensiver zu verleben. Die Bilder, die uns an Tag 1 des Urlaubs entgegen springen, sind so idyllisch, wie es sich die Familie in ihrer Vorstellung wohl nur erträumt hatte. Es sind Bilder von monumentalen Berglandschaften – in einem gemeinsamen Akt bezwungen von der gesamten Familie, die wir am Morgen darauf alle vier zusammen in einem Bett aufwachen sehen. Und doch reicht ein Moment, um die eisigen Risse unter der Oberfläche aufknacken zu lassen: eines Mittags auf der Dachterrasse – eine kontrollierte Sprengung, eine Explosion am Berg, eine Lawine ; zunächst im Hintergrund und mit genügend Abstand, um erste Schaulustige ihre Handys zücken und Aufnahmen davon machen zu lassen. Doch so erbarmungslos wie die Kamera hier beeindruckenderweise minutenlang ohne Schnitte auf das Geschehen drauf hält, ahnen wir schon, dass diese Schlüsselszene eskalieren wird. Die Lawine nimmt immer bedrohlichere Züge an, kommt immer näher, droht alle unter sich zu begraben, Panik und erstickte Schreie machen sich breit. Was tut man in solch einer Situation? Während die Mutter ihre beiden Kinder um sich schart und sie verzweifelt vor der drohenden Gefahr zu schützen versucht, ist der Vater bloß in der Lage, in Panik sein Handy zu schnappen und wegzulaufen. Es ist eine Szene wie aus einem Katastrophenfilm, doch sie ist schnell vorbei und als sich der aufgewirbelte Schnee schließlich legt, wird uns klar, dass die Lawine glücklicherweise noch rechtzeitig zum Stillstand und damit niemand zu Schaden gekommen ist. Der Akt der Feigheit jedoch bleibt unerbittlich im Raum stehen und die Frage, wieso Tomas seine Familie im Stich lassen konnte, wird zum Katalysator dafür, um zu hinterfragen, welchen Wert diese Ehe und der Familienbund überhaupt noch besitzen.

Von einem Regisseur, der nach eigener Aussage dann glücklich wäre, wenn sein Film zumindest eine einzige Scheidung evozieren würde, hätte man wohl ein Werk erwartet, dass klare Partei ergreift und auch wenn sich in dieser Richtung Tendenzen ergeben, so würde ich dem Film dennoch keine starke Lenkung attributieren . Die Lawine hier ist keine plumpe und künstlerisch überhöhte Metapher, sondern lediglich Aufhänger dafür, den Zuschauer in diesem Diskussionsansatz seine eigene Position finden zu lassen – in kritischen Fragen, die es durchaus wert sind, gestellt und für sich beantwortet zu werden: wie viel sind institutionalisierte Verbindungen wie die Ehe und gesellschaftlich entwickelte Gender-Rollen eigentlich wert, wenn sich in solchen Ausnahme-Situationen die Urinstinkte durchsetzen und alles andere überlagern? Wie viele Recht sollte man der Natur innerhalb unserer Beziehungen also zugestehen und ist die gesellschaftlich eher akzeptierte Form der Monogamie aus diesem Grund überhaupt erstrebenswert oder gar genügsam, um Erfüllung zu bieten? Oftmals sitzen unsere Protagonisten am Tisch mit anderen Pärchen, die andere Beziehungsmodelle ausleben, andere Perspektiven bieten und durch diesen Zwischenfall selbst zu einer Auseinandersetzung mit ihrer Beziehung gezwungen werden – ein Gefühl, dass sich auf den Zuschauer überträgt.
Fast ist es unangenehm, Zeuge dieser Diskussionen zu werden. Wenn sich dieses Pärchen sichtbar entfremdet, würde man am liebsten den Raum verlassen, doch die Natürlichkeit nahezu aller Schauspielleistungen bringen eine derart erdrückende Hilflosigkeit mit sich, dass man den Blick gar nicht abwenden kann und sich am liebsten als Vermittler selbst einbringen wollen würde.

Zudem hält uns Regisseur Ruben Östlund viel zu sehr mit einer großen Portion dunkler Ironie bei der Stange. Während die Übersetzung des Titels vermuten lässt, dass eine 'Höhere Macht' – also eine natürliche Ursache – für den Ehe-Clinch verantwortlich zu machen wäre, war die Lawine letztlich bloß Folge einer kontrollierten Sprengung – der menschliche Eingriff in die Natur. Ironisch wirkt auch, dass für den Soundtrack ausgerechnet Vivaldis 'Sommer' gewählt wurde, sich aber schnell offenbart, dass die Gewalt und Urkraft sommerlicher Gewitter ebenso im Schnee der pompösen Berge zu finden ist. Überhaupt versteht es Östlund, uns mit subtilen Mitteln in seine Welt einzuweben und in Hypnose zu lassen. Die Soundkulisse setzt die Protagonisten und uns dazu mit ihren dumpfen, nächtlichen Sprengungen einem emotional erbarmungslosen Nachbeben aus und füllt mit dem stetigen Klappern der Skilifte die sonst unangenehmen Stillen. Die Kameraarbeit belohnt uns dazu nicht bloß mit atmosphärischen Gebirgsaufnahmen, sondern erzählt auch selbst die Geschichte der Familie mit. Sehen wir eingangs die gesamte Familie in einen gemeinsamen Rahmen gesetzt, löst sich nach und nach dieser Bund und mindestens ein Familienmitglied wird bewusst physisch aus dem Bild herausgeschnitten.

Mit überzeugenden Schauspielleistungen und einem atmosphärisch dichten Gewand ist 'Force Majeure' einer dieser Filme, die uns dazu befähigen, all das zu hinterfragen, was uns zunächst normal erscheint. Und auch wenn Perspektiverweiterungen oftmals mit einer gewissen Anstrengung behaftet sind, so kann man nicht anders, als den Film als unglaublich stimmungsvoll zu bezeichnen. 10/10

(Gibt's im amerikanischen Netflix und hier als Anreiz auch noch der Trailer:)
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Gim »

Bevor ich meine endgültige Meinung zu dem Film abgebe mal eine Frage an die Nutzer/innen des Forums:
Wie hat euch Man of Steel gefallen und was sind euer positiven und was euer negativen Punkte bei dem Film?
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Gim »

Da ja auch hier nichts kommt mach ich es kurz: 4 vom 10 Kryptonier.
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Öh? Wieso wartest du erst darauf, dass von anderen eine inhaltliche Diskussion gestartet wird und kommst am Ende bloß mit einer Punktebewertung? Schreib doch, was dir am Film gefallen hat und was nicht und dann schau, ob andere dir in den einzelnen Punkten zustimmen würden. Ist zwar sicherlich alles andere als ein Film-Forum hier, aber die eigentliche Punkte-Bewertung finde ich bei einer Rezension am uninteressantesten.

Alles, was ich jetzt mitnehme, ist, dass du den Film als unterdurchschnittlich ansehen würdest, aber warum? Was sind Schwachpunkte, die ihn selbst im Genre der Comic-Verfilmung nur als unterdurchschnittlich gelten lassen würden? Fände ich ganz interessant, das nachzulesen, sobald ich den Film nachgeholt hätte...

Ich selbst habe ihn noch nicht gesehen, könnte mir aber vorstellen, dass, nachdem ich das kunterbunte Marvel-Universum abgearbeitet habe, ein etwas düsterer Ton im Superhelden-Genre eine willkommene Abwechslung darstellen würde.
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Dicker »

Harry Potter und der Halbblutprinz
Meiner Meinung nach eines der langweiligsten Bücher der Reihe. Was habe ich mich durch die ersten 2/3 des Buches gequält, bevor es richtig losging. Als Film funktioniert das Buch jedoch erstaunlich gut, da man vieles aus dem ersten 2/3 passend zusammenkürzen kann. Dabei ist der Film deutlich humoristischer als seine Vorgänger. Die ganzen Liebesquerelen erinnern stark an einen Teeniefilm und machen Spaß.
Die Szene in der Höhle ist zwar ganz gut umgesetzt, aber schon im Buch fand ich die irgendwie unpassend und der Film kann hier auch nicht mehr so viel retten. Dumbeldors Ende hätte auch noch etwas würdevoller umgesetzt werden können. Warum es kein Begräbnis gab, wissen wohl nur der Regisseur und Drehbuchautor. Dafür ist Slughorn gut getroffen, wie bereits in einem anderen Review gesagt, für die Charakter haben sie ein Händchen
Insgesamt ein Film, der besser ist als das Buch, mehr aber auch nicht.

7,5/10


Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1

Nachdem ich schon dachte, Teil 3 sei der beste Film der Reihe, muss ich mein Urteil noch mal überdenken. Ich habe diesen Film jetzt zum 2. Mal gesehen und bin echt begeistert. Die Stimmung aus dem Buch wird sehr gut umgesetzt. Was mir beim Lesen noch langatmig vorkam (Camping), ist hier wunderbar slow paced. Hier merkt man, wie gut es dem Buch tut, dass es auf 2 Filme aufgeteilt wurde. Allein diese Szene, die ein einsames Zelt bei Nacht im Wald zeigen und dann langsam ins Schwarz ausblendet, wäre bei den anderen Filmen undenkbar gewesen. Hier jedoch passt es wie die Faust aufs Auge. Auch schafft es der Film, dass das Ganze nie zu deprimierend wirkt (HP ist ja kein großes Drama), man aber trotzdem die Verzweiflung und Ratlosigkeit von Harry, Ron und Hermine spürt.
Auch die Szene in Godricks Hollow, wo sie am Weihnachtsabend auf dem Friedhof stehen, hat ein ganz tolles Set, eine ganz eigene Stimmung und einfach etwas magisches.
Was jedoch keiner der Filme wirklich geschafft hat, ist mich beim Tod eines Charakters richtig zu berühren, sei es bei Sirius, Dumbeldore oder hier.
Ich bin mir nicht ganz sicher, welchen Teil ich an die Spitze setzten würde, Teil 3 oder Teil 7.1, aber sagen wir es so, beim ansehen der Speacials hatte ich direkt wieder Lust auf den Film, das kommt nicht so oft vor.

9/10


Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2
Das großes Finale wurde oft dafür kritisiert, dass es nicht groß genug war, dass die Schlacht um Hogwarts nicht episch genug war, aber ich weiß nicht was die Leute erwarten. Wie ein HdR wird es nie sein können. Die Stimmung, die durch das Bombardement des Hogwarts Schildes erzeugt wird, das gesamte Farbenspiel fand ich einfach nur genial umgesetzt. Dadurch wird die Bedrohung sehr schön visuell transportiert.
Trotzdem gibt es sicher hier und da Verbesserungspotential. Insgesamt macht der Film aber einen sehr guten Job, nur das Ende wirkt irgendwie zu gerafft. Hier hätte man den Film langsamer ausklingen lassen müssen. Und auch der Epilog ist nur naja.
Alles Kritik auf hohem Niveau, insgesamt führt der Film die HP Saga würdig zuende. Ich hätte nicht gedacht, dass mir die Filme noch so gut gefallen. Als reine Filme haben sie ihre Schwächen, aber mit dem Bonus, dass HP Teil meiner Kindheit war, hat es verdammt viel Spaß gemacht, das Universum nachmals zu erkunden und diesmal auch all die Extras, entfallenen Szenen und viel mehr zu sehen.

8,5/10

Damit habe ich jetzt alle HP Teile durch. Ich muss sagen, hat mir echt gut gefallen. Manche Filme sind besser, andere schlechter, aber nie langweilig und die Reihe fängt den Charme der Bücher ziemlich gut ein. Auch waren die ganzen Extras z.T. sehr interessant, gerade die entfallenen Szenen, aber auch, wenn sich J. K. Rowling zur Umsetzung äußert.

Ich habe dann mal nachgeschaut, wie die Filme sonst so abgeschnitten haben, gerade im Vergleich zueinander.

Rotten Tomatoes 80 / 82 / 91 / 88 / 79 / 84 / 78 / 96
IMDB 7,5 / 7,3 / 7,8 / 7,6 / 7,4 / 7,5 / 7,7 / 8,1
Meine Wertung 6 / 7,5 / 9 / 7,5 / 7,5 / 7,5 / 9 / 8,5

Interessant wie schlecht Teil 7 bei Rotten Tomatoes abschneidet und wie nah beieinander die Filme bei IMDB liegen.
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Gim »

@Secretkey
Hast ja recht. Ich bin wohl etwas falsch an die Sache hier gegangen und dachte, nach dem es auf eine etwas allgemeine Frage wo anders hier im Form auch keine Antwort gab es will keine was dazu sagen. Das Andere ist schon wieder gelöscht worden nachdem nach ein paar Tagen nichts kam.
Also um es kurz zu machen: Fand die Schnitte nicht gut. Fand das Bild an sich ganz OK habe aber leider nur die DVD sehen können.
Die gesamte Geschichte fand ich eher lahm. Konnte mich nicht mitreißen. Gute Idee mit der Geburt von Superman aber das war es schon. Für einen Film war zu viel drin und Teile davon wurden nur dürftig erklärt. Auch das mit dem Ableben des Vaters war nicht wirklich emotional oder besser hat das nur ein aha der ist nicht mehr bei mir geweckt. Insgesamt ließ er mich halt einfach kalt.
Der Kampf wirkte auch irgendwie lahm. Ob nun die paar Menschen noch drauf gehen wäre doch auch egal gewesen oder war die Stadt leer, weil so wirkte es auf mich. Auch da weckte der Film nicht eine einzige Emotion bei mir und auch kam es nicht rüber das Superman der Retter der Welt ist. Einfach mal alles platt machen was im Weg ist. So kam es mir vor.

Ich wollte eigentlich bevor ich den bewerte allgemein noch mal was von euch hören weil ich zu dem Film zu viel negatives gelesen hatte und dachte OK ich kann kein gutes Urteil abgeben und bevor ich ... aber nun habe ich einfach mal ein 4 von 10 gegeben und denke nach etwas drüber geschlafen zu haben das ist OK für mich.
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

@Dicker: Yeah, freut mich, dass dir Heiligtümer des Todes Teil 1 nochmal so zugesagt hat. Definitiv mein persönlicher Favorit! Wie gefiel dir die Tanzszene? Die kam ja eher kontrovers an. Bin aber auch der Meinung, dass sich die HP-Reihe insgesamt als Filmographie doch mehr als solide geschlagen hat - durchgängig hochrangig besetzt, immer wieder neue Impulse in Ton und Stil setzend und ein hohes Budget, das sich vor allem in seiner Detailverliebtheit zeigt.
Unsere Rangliste überschneidet sich auch an einigen Stellen - hier mal meine persönliche Reihenfolge mit kurzer Stichwort-artiger Begründung.


Heiligtümer des Todes Part 1
Trifft den dunklen und tragischen Kern des Buchs von allen Filmen am besten. Er lässt sich genau die Zeit, die er braucht, um die Stimmung um uns herum entfalten zu lassen und bietet trotz des langsamen Verlaufs an genau den richtigen Momenten neue Schwungstellen, um wieder Fahrt aufzunehmen und belohnt noch mit paar im Vergleich zum Buch sehr kreativen Einfällen seitens der Filmemacher (Beispiel: die visuelle Umsetzung des Märchens).

Gefange von Askaban
Für mich der beste "Standalone"-Film der Reihe. Ich liebe die neuen Szenerien in der Hogwarts-Landschaft, der Film ist zu diesem Zeitpunkt der erste Harry Potter-Film gewesen, der richtig lebendig gewirkt hat, der Fluss der Zeit wird innerhalb der Jahreszeitenwechsel visuell wunderschön dargestellt und der mittelalterlich angehauchte Soundtrack lässt fast Zweifeln, dass der selbe Komponist wie bei den ersten Teilen mitgearbeitet hat. Der Film findet einfach seine ganz eigene Sprache und einen Stil, der genau die richtigen Impulse für die Zukunft setzt.

Heiligtümer des Todes Part 2
Unmittelbar nach meinem damaligen Kinogang war ich leicht enttäuscht, weil ich das große Finale als die absolute Kumulation der Tragik umgesetzt sehen wollte und mir das Kampfgeschehen im fertigen Film mit zu vielen lustigen Sprüchen und One Linern zerfasert wurde - zudem ist es einer dieser Film, wo es typischerweise eine Szene gibt, die ich absolut verachte und die mir jedesmal wieder sauer aufstößt. Mittlerweile finde ich jedoch, dass der Film die Reihe zu einem mehr als würdigen Abschluss bringt: der Schlüssel liegt in der Denkarium-Szene am Ende, die ich ohne große Probleme zur besten Szene der gesamten Filmographie küre. Allein die Schnittleistung zusammengeführt mit dem Soundtrack lässt mich eine Gänsehaut kriegen - habe den Film schon mehrmals bloß wegen dieser Szene reingeschoben.

Der Feuerkelch
Ein wunderbarer Action-Film, der das Trimagische Turnier als feste Struktur des Films in fantastischen Setpieces in Szene setzt und am Ende das Fundament des neu erstarkten Bösewichts in einer Gänsehaut-verursachenden Schluss-Sequenz etabliert. Der Wandel im Ton ist genau mit dem richtigen Akzent gesetzt! Das Grundgerüst weiß der Film in jedem Fall zu nutzen, füllt darüber hinaus aber nichts zwischen den Geländer-Stäben (zwischen Aufgabe 2 und 3 gibt es praktisch bloß eine einzige überleitende Szene). Außerdem wirkt der Anfang doch stark gehetzt.

Der Halbblut-Prinz
Für mich wohl der lustigste Film der Reihe, schafft es allerdings insgesamt nicht die richtige Balance aus Comedy, Teenie-Drama und echtem Drama für sich zu finden. Szenen der Zerstörung weichen sofort wieder dem Liebes-Gezwitscher ohne ein Gefühl der Konsequenzen zu hinterzulassen - das gilt leider besonders für die letzten 15 Minuten des Films. Während das Buch hier einen auf die Folter spannt und wirkt, als wenn es nur das vorbereitende Kapitel für Teil 7 - der finalen Prüfung - war, endet der Film auf einer der unbedeutendsten Note der gesamten Reihe. Nach dem Kinogang damals dachte ich, dass Film 7 furchtbar werden würde, bei dem Anblick wieviel Exposition man noch reinstopfen müsste. Für mich völlig unverständlich, wo Buch 7 zu diesem Zeitpunkt schon lange fertig geschrieben war. Dafür mochte ich aber, wie schon gesagt, den Comedy-Aspekt, die Umsetzung der Flashbacks und vor allem das Finale in der Höhle, das mir mit seiner heroischen Note ganz neuen Respekt für Michael Gambons Dumbledore-Figur eingeflößt hat.

Stein der Weisen
An sich kann ich gar nicht anders als diesen Film durch meine fette Nostalgie-Brille anzuschauen - es war einer der absoluten Filme meiner Kindheit. 3 Mal im Kino geschaut, am ersten Tag des DVD-Releases ebenfalls 3 Mal hintereinander, ohne dass er mir langweilig wurde und wenn man ihm eines lassen muss, dass er als perfekter Türöffner zur gesamten Reihe wirkt. Das Casting, das sich tatsächlich noch die nächsten 10-12 Jahre durchziehen sollte, hätte nicht glücklicher verlaufen können und die Magie des Buchs wird hier durchaus greifbar. Nach objektiven Kriterien muss man aber schon eingesehen, dass die Spezial-Effekte furchtbar dahingerotzt wirken, die Schauspielleistung insbesondere von Radcliffe kaum ernst zu nehmen ist und mir der Film insgesamt einfach zu steril und glatt verläuft.

Orden des Phoenix
Es gibt viele Aspekte, die ich an diesem Film wertschätze und auch wenn er soweit unten steht, würde ich ihn als alles andere als furchtbar bezeichnen. Die Einführung neuer Charaktere wie Umbridge oder Luna gelingt hier wie selten zuvor, der Ton ist ein düsterer, aber zugleich doch angenehm hoffnungsvoller und es fällt mir schwer den Soundtrack nicht als etwas zu bezeichnen, das in der Reihe hier seinen Höhepunkt gefunden hat. Leider schafft es der Film aber an sich nicht die Essenz des Buchs einzufangen - Harry als frustrierten Außenseite ohne rechte Richtung darstellen, die er innerhalb dieser Aufbruch-Stimmung erst finden muss. Die Szene in Dumbledores Büro am Ende (mitunter die beste Szene des gesamten Buchs) ist symptomatisch dafür, wirkt hier einfach nur faul, ohne Seele. Das Finale mag mit seiner Bildgewalt kurz entschädigen, täuscht im Endeffekt aber nicht darüber hinweg, dass der Film zuvor nur lose von Szene zu Szene gesprungen ist. Das Gefühl der Kohärenz fehlt mir hier mitunter am meisten.

Die Kammer des Schreckens
Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich ihn als 12-Jähriger zu Zeiten seines Kinostarts besser als den ersten Teil empfand, vor allem weil er düsterer inszeniert wurde und noch länger war. Ironischerweise würde ich ihn heute (ohne die immer noch dicke Nostalgie-Brille) genau deshalb als den wohl schwächsten Teil der Reihe bezeichnen. Er ist so gewollt düster ohne jedoch die viel zu braven, sterilen und glatten Fesseln des Columbo-Kinderfilms aufzusprengen, dass es das Anschauen heute fast schon (eben auch aufgrund der Überlänge) zu etwas Anstrengendem erhebt.
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Dicker »

Du meinst die Tanzszene im Zelt? Sie hat etwas ganz eigenartiges. Irgendwo passt sie kaum zum Film, weil sie auch eine Arthouse Film entsprugen sein könnte. Und das passt nicht so zu HP, funktioniert im Film aber ganz gut. Sie schafft sie es ohne große Wort viel zu sagen.
Wobei ich sagen muss, dass sie mir während des Schauens des Films nicht besonders hervorgestochen ist. Erst als ich sie eben noch mal bei YT gesehen habe, ist mir so klar geworden, dass sie heraussticht.

Und sehr interessant, dass du Teil 2 ans Ende der Liste setzt. War am Überlegen 8/10 zu geben, hab mich aber wegen der Kinderfilmaspekte und den schlechten schauspielerischen Leistungen (aber zumindest besser als Teil 1) dagegen entschieden. Ich mochte aber auch das Buch und die Geschichte immer sehr.

Wo du gerade die Wahl der Schauspieler erwähnst, da gab es in den Extras zum letzten Film ein 1 stündiges Interview mit Radclif und Rowling. Dort erzählt sie dann, wie die drei ausgewählt wurden und dass sie Emma Watson z.B. zuerst nur am Telefon gehört hat und sie perfekt fand ohne je ihr Gesicht gesehen zu haben. Ist total lustig, wie die beiden darüber reden, dass sie eigentlich viel zu hübsch ist :ugly: "Wir haben sie sogar versucht in einen hässlichen Pulli zu stecken und trotzdem sah sie noch gut aus" :lol:
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Aber ich hatte es weiter oben schon geschrieben, bei der Auswahl der Schauspieler haben sie fast ausnahmslos ein verdammt glückliches Händchen bewiesen.
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

8 ½ (1963)
„When did I go wrong? I really have nothing to say, but I want to say it all the same.“

Wenn der Kuss der Muse ausbleibt, die Inspiration fehlt und man mit keiner neuen Idee für seinen nächsten Film aufwarten kann, dreht man einfach einen Film darüber, wie man mit keiner neuen Idee für einen Film aufwarten kann. Auf einen mir noch unbekannten Regisseur zu stoßen, ist immer ein aufregendes Treffen mit neuen Visionen und Fellini kann ich nach diesem Rendezvous bloß als den Gott der Meta-Ebene bezeichnen. Inspirative Leerläufe als geistige Quelle für die Kunst zu nutzen, ist das eine, dieses Produkt auch noch so meisterlich verkaufen zu können, das andere.

Durch den Film, beziehungsweise durch seine obskure Gedankenwelt, führt uns der Hauptdarsteller Guido Anselmi - seines Zeichens Regisseur. Ein Mann durch die Wahrheiten der Kunst geformt, nun aber in einer inspirativen Krise und ohne Vorstellung davon, wie es weitergehen soll und welche Worte dafür gewählt werden müssen. Um ihn herum jedoch werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Vision des Meisters zu erfüllen: Produzenten machen Gelder lecker, Schauspieler werden zu Probeaufnahmen eingeflogen, sogar monumentale Kulissen errichtet – nur dass da noch keine Vision ist. Von allen Seiten wird er bedrängt. Schauspieler drängen darauf, mehr über ihre Rollen zu erfahren, doch je mehr sich die Fragen häufen, desto antriebsloser und desinteressierter scheint Guido zu werden. Er würde am liebsten eine Geschichte voller Wahrheiten dichten, die all seine Zuschauer dort draußen künstlerisch bildet und mehr über sich selbst erfahren lässt, doch er kriegt den Mund nicht auf und stattdessen flüchtet er sich innerhalb dieses Zustand der Ohnmacht in Affären und in eine von ihn konstruierte Traumwelt aus Sehnsüchten, Nostalgie und Erotik.

Fellini hätte aus diesem Stoff eine mitreißende, konventionelle Erzählung konstruieren können, doch stattdessen lässt er ihn um sich selbst drehen und tanzen und flößt ihm auf eine Art Leben ein, die ich in kaum einem anderen Film so gespürt habe. Wirklichkeit, Tagträume, Erinnerungen und andere surrealistische Züge fließen wie ein Gedankenstrom übergangslos ineinander und sind auf paradoxe Art Quelle und Blockade kreativer Prozesse zugleich. Sicherlich mag der Film autobiographische Elemente in sich vereinen und einer gewissen Verarbeitung dienen, lässt es sich aber nicht nehmen, eine allgemeine Auseinandersetzung mit der Kunst per se anzusteuern und tut dies mit solch einer Eleganz, dass man einen hier fehlenden roten Faden zu keiner Zeit vermisst und stattdessen in der Einzigartigkeit des Film schwelgt.
Wenig vergleichbares bietet auch Fellinis Bildsprache. Angefangen von einer schwindelerregenden Traumsequenz zu Beginn bis hin zu der Art und Weise, wie er seine Charaktere in größtenteils weiten Räumen verteilt, scheint der Film mit einer wahren Leichtfüßigkeit gesegnet zu sein. Schauspieler summen die Melodien des Soundtracks mit und scheinen sich nicht bloß um die Kamera herum zu bewegen, sondern vielmehr grazil mit ihr tanzen zu wollen. Anlass dazu gibt ihnen Komponist Nino Rota, der Fellinis Szenerien mit seiner Musikuntermalung zu einer Art Zirkusmanege erhebt, worauf sich am Ende jeder Gedankengang und jeder Schauspieler in einer furiosen Kumulation entladen darf.

Mit seiner wunderschönen Ausleuchtung, welche die Schwarz-Weiß Optik zu ihrem Vorteil nutzt und seiner Eleganz, ist 8 ½ wohl der ultimative Film über das Machen von Filmen. Es ist eine Studie über Kreativität auf hohem künstlerischen Niveau, zu der es sich immer wieder in neuen Durchgängen zurückzukehren lohnt. 9,5/10

Hier zum Schluss noch das fantastische Titelthema des Soundtracks, das wunderbar auf den Film einstimmen sollte!
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Dicker »

Kick Ass 2
Omg, was ein Schrott. War einfach nur in allen Belangen schlechter als Teil 1. Hat mih soweit gebracht, dass ich Zweifel habe, dass Teil 1 jemals gut gewesen sein könnte :-(
Diese bescheuerte High School Story, Hit Girl ist quasi nicht existent. Irgendwie passt die übertriebene Gewalt, die den ersten Teil noch auszeichnete, hier so gar nicht mehr.

4/10

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Zoolander
Was ein bescheuerter Filmn, aber auf eine sehr positive weise. Ich dachte beim schauen immer, ach, der wird bestimmt gleich langweilig und peinlich, dass kannst du ausmachen. Wurde er aber nicht. Selbst die Story hatte zum Ende hin keinen Hänger oder ähnliches. Eigentlich mag in Ben Stiller nicht, aber Zoolander verkörpert er einfach nur genial.
Kein Film, den ich noch mal sehen muss Aber für das was er sein will, unterhält er ziemlich gut.
7/10

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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Olschi »

Interstellar

Ich bin nicht so der Filmegucker, und gerade mit längeren Filmen kann ich selten was anfangen. Selbst bei Herr der Ringe schlafe ich immer ein. Intestellar habe ich Liegen geguckt und bin die (fast) 3 Stunden durchgehend wach und aufmerksam geblieben. Das heißt schon was! Auch wenn ich nach der Hälfte schon wusste, wie es enden wird, war es trotzdem unterhaltsam zu sehen, wie sich alles im Detail entfalten würde.
Spoiler: anzeigen
Der erste Hinweis kam, als Murph das Wort "Stay" entschlüsselt hat. Der zweite Hinweis war die Frage von Cooper, ob man mit einem schwarzen Loch in die Vergangenheit reisen könnte. Und man verliert ja im Film kein Wort ohne Hintergedanken.
:kruemel:
Besonders gefallen hat mir die Darstellung des Weltalls. Man merkt, dass viel Wert auf akkurate Physik gelegt wurde - auch das schwarze Loch oder die Reise durch das Wurmloch. Letzteres basiert natürlich auf wirre Spekulation war aber visuell sehr beeindruckend. Kleine Zweifel kamen mir bei den Planeten auf.
Spoiler: anzeigen
Warum haben sie die riesigen Wellen nicht schon beim Landeflug gesehen? Und warum fallen gefrorene Wolken nicht zu Boden?
Naja, am Ende ging es mir dann doch zu sehr ins Phantastische. Ich mag eher harte Sci-Fi, und bis hierhin hatte mich der Film auch überzeugt. Die Umsetzung am Ende war dagegen... überheblich crazy? Es passte irgendwie nicht zum Rest. Fairerweise muss ich zugeben, dass es schwierig ist, sowas bildlich darzustellen. Ich hätte mir nur einen etwas kreativeren Ansatz gewünscht als diese diskreten Räume.

Insgesamt ein sehr unterhaltsamer Film.
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Shit happens.
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Secretkey »

Inglourious Basterds
So etwas darf nur ein Tarantino! Völlig unbeeindruckt lässt er seinen Streifen mit einer knapp 20 minütigen Dialog-Sequenz zwischen zwei Schauspielern beginnen – eine Szene, die noch in Jahren von zukünftigen Drehbuchautoren studiert werden wird und die auf perfekte Art und Weise den Tonus des restlichen Films anstimmt. In dem Moment wo Hans Landa - eine der wohl einvernehmendsten Gestalten, welche die Leinwand-Hölle ausgespuckt hat - aus der englischen Sprache wieder zurück ins Französische wechselt, wissen wir genau, welches Interesse Tarantino mit seinem Film verfolgt: die Charaktere mit Hilfe von verschiedenen Sprachen gewisse Rollen spielen zu lassen und uns mit reiner Kraft der Schauspielkunst gebannt an ihren Lippen kleben zu lassen.

'Inglourious Basterds' einer kühlen Beschreibung zu unterziehen, ist ein leidvolles, reduktives Unterfangen. Es ist ein Kriegsfilm über den Fremdenhass, den Antisemitismus, gleichzeitig aber auch die Zelebrierung des Kinos gespickt mit den Tarantino-typischen anachronistischen Einwürfen. Vor allem aber ist es feinste Unterhaltung.
Und hier beginnt die Schwierigkeit und eine Frage, die an den Anfang anknüpft: darf Tarantino das? Das Kapitel, welches hier aufgeschlagen wird, ist wohl eines der grausamsten und unmenschlichsten unserer Geschichtsbücher ; darf dieses Material als Sprungbrett für eine unterhaltsame Erzählung genutzt werden? Es darf einem durchaus etwas flau im Magen werden, vor allem wenn ich bedenke, dass ich 'Der Pianist' – mit dem Ansatz, die Dramatik und das persönliche Gewicht dieser Zeit einzufangen – als den wohl für mich bedeutsamsten Film meines Lebens bezeichnen würde. Dennoch bin ich davon überzeugt: Tarantino darf! Seine Kunst darf! Und vor allem: wir dürfen! Wir dürfen schuldfrei genießen – es bleibt zwar Unterhaltung, aber eben nicht bloß die unreflektierte Aufnahme und allein die oben gestellte Frage, setzt schon eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Thematik voraus, die verhindert, dass uns dieses Kapitel jemals aus dem kollektiven Gedächtnis schwinden wird.

Tarantino hat das Talent, mich nach dem ersten Anschauen seiner Filme verwirrt zurück zu lassen und mich dazu zu bringen, zu hinterfragen, was zur Hölle da eigentlich auf der Leinwand passiert ist. Wie immer gelingt es ihm auch hier, seinem Streifen einen eigenwilligen Regie-Stempel aufzudrücken. Allein die ikonographischen und stilvollen Kameraeinstellungen würden schon reichen, um einem das Blut in den Adern gefrieren zu lassen, diese Eleganz erspürt ihre ultimative Verschmelzung jedoch mit einer Musikuntermalung, die mit ihrer Songauswahl wie für den Film komponiert zu sein scheint. Die Kumulation all dieser Elemente findet ihren Abschluss in wohl einem der emotional befriedigendsten Enden der Kino-Geschichte, wo wir uns als Zuschauer fragen, ob selbst Tarantino mutig genug ist, um alle Regeln der vorliegenden Geschichtsbücher zu brechen. Natürlich ist er das und greift damit das Urbedürfnis des Kollektivs auf.

Doch das ist nicht der Kern des Films. Es ist das, was bereits Tarantinos 'Pulp Fiction' zu einem Erlebnis hat aufsteigen lassen: seine Dialogkunst.
Das gewitzte, treffsichere, lässige Ping-Pong-Spiel lässt sich auch hier finden, wird allerdings zusätzlich mit der Kraft verschiedener Sprachen ummantelt. Es sind Szenen der Infiltration in einem Krieg, wo die richtige Kostümierung und das Beherrschen seiner Sprache ausreicht, um den Feind zu täuschen und wo schon Aussprache und Akzente darüber entscheiden können, aber diese verdeckten Missionen gelingen oder scheitern. Tarantino kostet diese Sequenzen bis zum einem Punkt aus, an den man die Latte des Spannungsbogens nicht mehr höher setzen könnte. Sie sind das Kernstück des Films und obwohl die Laufzeit des Films mit 2 ½ Stunden durchaus beeindruckend bemessen ist, so ist die Anzahl von einzelnen Szenen doch eher gering. Tarantino weiß die Kunst des Schauspiels zu schätzen und er lässt seinem Ensemble die Weite des Raums, um ihn zu füllen. Nur so kommt am Ende eine Leistung wie die von Christoph Waltz heraus, der uns mit seinem anschmiegsamen Sprachduktus einen gewissen Charme vorspielt, nur um sich bewusst mit seinen kalten Augen zu verraten.

Wenn in einer 30 Minuten-langen Dialog-Sequenz jeder rhythmische Schlag messerscharf und präzise getroffen wird, weiß man, dass ein Drehbuch seinen Meister gefunden hat. 'Inglourious Basterds' ist eine Perle der Unterhaltung. Weil Tarantino es darf ; weil er es kann. 10/10
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Mr. Wood
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Re: Allgemeiner Film-Thread

Beitrag von Mr. Wood »

Ich halte Tarantino als Regisseur und Drehbuchschreiber schlicht für massiv überbewertet. Django Unchained war mehr Folter als Film - angetrieben von endlosem Sprechdurchfall ohne Sinn und Verstand.
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