Shantae and the Pirate's Curse (WiiU) und zwar mit allen Secrets.
Das vollständige Review findet ihr in meinem Blog:
https://spielkritik.wordpress.com/2016/ ... tes-curse/
Die gekürzte Fassung hier:
So wie sich die Serie ihren Platz im Herzen der Spieler mühsam erarbeiten musste, so dauerte es auch seine Zeit, bis Shantae and the Pirate's Curse es endlich vermochte, mich zu fesseln. Die sympathischen Grafiken und die tadellose Spielbarkeit konnten nicht darüber hinweg täuschen, dass Spielaufbau und Spielmechanik ausgesprochen vorhersehbar daherkamen. Shantae and the Pirate's Curse ist ein Spiel wie aus dem Lehrbuch. Das ist zugleich seine Stärke und sein größtes Problem.
Im Prinzip machen die Entwickler in diesem Metroidvania-Lite kaum irgendwas falsch; sie machen vielmehr alles richtig. Ob es nun das schrittweise Heranführen des Spielers an die zahlreichen Moves und Spielelemente ist, die cleveren Levelaufbauten, oder der Spannungsbogen und der Witz der Story – alles greift wunderbar ineinander und hat einen Feinschliff, eine Ausgewogenheit, wie sie nur die wenigsten Spiele bieten. Es ist offensichtlich, dass das Entwicklerteam um Matt Bozon die dem Genre zugrundeliegende Formel tief verinnerlicht hat, und tatsächlich ist ihnen eine quasi formvollendete Umsetzung des Metroidvania-Prinzips gelungen, die noch dazu mit wunderschönen Sprites, malerischen Hintergründen und einem eigenständigen Charakterdesign aufwartet...
...und doch empfand ich das Spiel gerade zu Beginn fast schon als langweilig. Wäre ein anderes, packenderes Spiel des Weges gekommen, es wäre wohl nicht ausgeschlossen gewesen, dass ich Shantae ganz zur Seite gelegt hätte. Das Spiel konnte mich zeitweise kaum zum Weiterspielen motivieren, was vor allem daran gelegen haben dürfte, dass mir das Gameplay allzu vertraut und vorhersehbar erschien.
Doch so wenig originell Shantae hinsichtlich seiner Spielmechanik und des Spielaufbaus auch ist, so ist das klassische Metroidvania-Prinzip – kompetent umgesetzt – doch immer wieder packend, und zwar spätestens dann, wenn allein die Fülle der unterschiedlichen Fähigkeiten dem Gameplay eine gewisse Komplexität verleiht, und wenn die Levels auch hinsichtlich ihrer Ansprüche an die Geschicklichkeit endlich etwas herausfordernder werden.
Das Grundproblem als solches löst sich damit freilich nicht in Luft auf. Echte Exzellenz lässt Shantae in spielmechanischer Hinsicht vermissen, und genuin neue Ideen noch viel mehr. Das Problem liegt meines Erachtens darin, dass die Entwickler es versäumen, mit der bewährten Formel, die sie so gut beherrschen, an der einen oder anderen Stelle zu brechen. Der Effekt dieser rigiden Linientreue ist der, dass der Spielverlauf zu jedem Zeitpunkt unheimlich vorhersehbar ist, und dass Shantae, ungeachtet allen Feinschliffs, doch in Ermangelung eines echten spielmechanischen Alleinstellungsmerkmals, mitunter ziemlich durchschnittlich wirken kann. Derjenige, dem das Genre fremd ist, wird sich am formelhaften Spielaufbau womöglich nicht stören oder wird diesen nicht einmal als formelhaft wahrnehmen, sondern die gebotene Nähe zur Perfektion genießen. Um in Shantae and the Pirate's Curse allerdings ein spielhistorisches Meisterwerk zu sehen, fehlt mir bei diesem Spiel der Mut, über die Grenzen des Erprobten hinaus zu gehen.
Ein Boss in der Spielmitte weist euch selbstironisch darauf hin, dass nun sein Auftritt als "Filler Boss" gekommen sei, und nachdem ihr ihn besiegt habt, träumt er vorfreudig davon, wie er in Zukunft als Ice-Variante zurückkehren oder euch mit neuen Duplizierungs-Moves verwirren könnte. Dass man sich der eigenen Streberhaftigkeit demnach bewusst ist und Shantae auch mal parodistische Züge annimmt, ändert am Problem selbst leider nichts. Es zeigt allerdings, wo die genuinen Stärken des Titels liegen: In den erzählerisch-künstlerischen Bereichen nämlich. Gerade beim Charakterdesign, aber auch in einzelnen Episoden der Story beweisen die Entwickler wirklichen Einfallsreichtum. Dabei fällt auf, wie erfrischend feminin das Spiel ist, ohne dass dieser Umstand jemals aufgesetzt wirken oder zum bloßen Selbstzweck verkommen würde.
Und wenn auch ich in meiner Rezension eher die Kritikpunkte herausgestellt habe: Shantae and the Pirate's Curse
ist ein tolles Spiel, das Genre-Liebhabern wie auch -Neulingen gleichermaßen empfohlen werden kann, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen und mit unterschiedlichen Vorbehalten. Einige kleinere Kritikpunkte fallen überhaupt nur deswegen ins Auge, weil der Rest des Spiels so sauber strukturiert und umgesetzt worden ist. Dennoch ist es schade, dass sich Shantae im Bereich des Gameplays damit zufrieden gibt, ausgetretenen Pfaden ganz wie beim Malen nach Zahlen zu folgen, und nicht die ausgeprägte Originalität und den Witz zum Ausdruck bringt, den es in der lebendigen Levelgestaltung und gerade beim Charakterdesign beweist.
Und exklusiv für's Mag64-Forum: In Prozenten würde ich dem Spiel wohl irgendetwas im 60er-Bereich geben.
