@G!zmo: Witzig, wie gerade dieser Aspekt dem Film quasi das Genick bricht
Jurassic World
Spielbergs 'Jurassic Park' hat uns nicht bloß die Augen für eine andere Welt eröffnet, die uns mit seinem Zauber sofort eingenommen hat. Die prähistorischen Lebewesen waren nur Teil des Erlebnisses. Im Fokus stand ebenfalls der Mensch. Ein Mensch, in sich eingefallen, am Tisch seines einstigen Lebenswerkes sitzend – er, der einst die Größe und das Wunder seiner Schöpfung anderen begreiflich machen wollte, nun unter der eigenen Last erschlagen und regungslos. In solchen Momenten sind wir bei ihm, wir fühlen mit, vergessen den restlichen Trubel.
'Jurassic World' weiß das. Und es weiß davon wiederum zu wenig. Schamlos wird an den Nostalgie-Strängen gezogen, um uns in den Park zu locken, den wir uns als Kinder nur ausmalen konnten, und doch sind mir nach dem Verlassen des Kinosaals lediglich die Namen zweier Raptoren im Gedächtnis zurückgeblieben – nicht aber die Namen der Hauptdarsteller.
Das wäre in Ordnung, hätte der Film in den Dinosauriern seine Hauptdarsteller gefunden. Manche generieren ihren Spaß eben bloß aus Computer-generierte Riesenechsen, die auf Beutezug gehen und auch das ist in Ordnung. Vermutlich würde es auch vielmehr der Natur eines typischen Sommer-Blockbusters entsprechen. Das Problem: die Quantität solcher Szenen ist dem Anteil nach gemessen gar nicht so sonderlich hoch ausgefallen, wie man vermuten könnte, und kumulieren letztlich auch bloß in ein Finale, das die Seele einer Tarnsformers-Sequenz atmet. Vielmehr liegt der Fokus auf der Beschaffenheit des Parks an sich und eben einer handvoll Charaktere, die vom Drehbuch zum Leben erweckt werden sollen und leider zeigt sich schon nach 10 Minuten, das der Film an dieser Aufgabe zerfällt.
Die weiten Kameraflüge über die Insel wissen anfangs dabei noch zu beeindrucken – die Bilder suggerieren uns zwischen einem Dschungel aus Mercedes-, Starbucks-, Samsung- und Beats-Logos durchaus Leben und kindliches Abenteuer-Gefühl, doch entflieht es sofort in dem Moment, wo die gesamte Struktur mit auch nur einem Fragezeichen durchleuchtet wird. Der hier uns vorgegaukelten Welt fehlt es an jeglicher Glaubwürdigkeit. Wie glaubwürdig sollte ein von Dinosauriern bevölkerter Themenpark sein, mag man an dieser Stelle fragen: zumindest sollte eine interne Logik vorhanden sein, die den Klebstoff bietet, der das Konstrukt konsistent zusammenhält. Schnell kommt man zur Überzeugung, dass ein Park auf die hier vorgestellte Weise niemals funktionieren könnte. Das Abenteuer-Gefühl verblasst wieder zu leeren Kameraflügen. Dort wo Logik walten könnte, finden sich bloß Löcher.
Erheblich schlimmer sieht es jedoch mit dem aus, was wohl in die Kategorie der Charaktere fallen sollte, aber kaum verdient hätte, als solche bezeichnet zu werden. Die Figuren in 'Jurassic World' haben den Begriff „Stereotype“ geradezu für sich gepachtet und wirken so amateurhaft, dass ich sie eher einer Direct-to-DVD- aber keiner Millionen-Produktion zugeordnet hätte. Figuren-Konstellationen sind ohne andere Farbtöne dazwischen genau komplementär. Die Buisness-gestresste Karrierefrau ist nicht nur genau so, wie man es sich vorstellen mag, sie kriegt mit Chris Pratt noch den genau passenden Gegenpart, der ihr den Respekt vor der Natur beibringen wird. Dialoge sind entweder so vorhersehbar, dass man sie mitsprechen könnte, ohne den Film zuvor gesehen zu haben oder sie überraschen mit plötzlichen One Linern, die ohne rechten Kontext in den Film geworfen werden und eher als Tagline eines Filmplakats fungieren könnten. Jeder Versuch des Drehbuchs hieraus auszubrechen wirkt fast schon bemitleidenswert unbeholfen: irgendwann entschließt sich der Film den beiden hier führenden Kindern einen Scheidungshintergrund überzustülpen ; wir verweilen hier etwa 30 Sekunden, bevor die Geschichte fallen gelassen und nie wieder aufgegriffen wird. Es sind Versuche, die Charaktere mit etwas anzureichern, doch sie bleiben nur leere Worte. Erneut mag man sagen: kein Problem! Es geht schließlich um Raptoren, T-Rexe und Pterosaurier, die den Anker zu diesem Hafen darstellen sollen! Doch dafür bleiben wir viel zu sehr auf der Seite dieser leeren Hüllen kleben, als dass die Dinosaurier im Fokus sein könnten.
All das resultiert in etwas, was man bloß als tonales Durcheinander bezeichnen kann. Eindeutig soll in den Verfolgungsjagden und Ausbruchssequenzen so etwas wie aufrichtige Spannung erzeugt werden, wird aber zugleich von bewusst „witzigen“ One Linern konterkariert. Nach scheinbar traumatischen Erlebnissen lässt das Drehbuch die Münder der Figuren bloß öffnen, um Sprüche herauszulassen, die eher auf eine Stand Up-Bühne gehören, statt dass sie sich in das filmisch eben Erlebte einreihen würden. Es sind diese Momente, die mich haben daran zweifeln lassen, ob der Film sich überhaupt selbst ernst nimmt oder nicht doch pure Satire sein möchte. Doch dann kehren mit den nächsten durchaus grausamen Toden und den Spannungs-geladenen Sequenzen die tonalen Stolpersteine wieder und es wird klar: Ja, wir sollen ehrlich mitfiebern. Die Unterhaltung sollen wir tatsächlich aus dem Handwerk selbst ziehen und nicht über das gemeinsame Lachen darüber.
Über die Vorhersehbarkeit des Handlungsverlaufs und unnötigen, Comic-haften Nebensträngen möchte ich mich gar nicht erst auslassen.
Insgesamt merkt man der gesamten Geschichte ihre vielen Überarbeitungen der letzten Jahre an. Bleibt man während des Abspanns sitzen, sieht man, dass das Drehbuch aus der Feder gleich vierer Autoren stammt und man ahnt, woher die Schwierigkeiten rühren.
Doch dies ist bloß ein Teil, der uns in den Bann ziehen soll. Bleiben ja noch die Dinosaurier, an denen es sich hoffnungsvoll zu klammern gilt. Und erst hier hatte ich einen regelrechten Schock verspürt und wie so häufig liegt es am schönen oder eben unschönen Stichwort 'CGI'. Es soll an dieser Stelle nicht die Gewichtigkeit und der Vorteil animatronischer Arbeit rezitiert werden, die den originalen 'Jurassic Park' noch heute ansehnlich und erschreckend wirksam erscheinen lässt. Mir war klar, man würde uns hier größtenteils mit Sequenzen versorgen, die CGI-Kreaturen verlangen würden ; worauf ich jedoch nicht vorbereitet war, war die Qualität selbiger.
In sprichwörtlich KEINER einzigen Szene, die auf einen hohen CGI-Anteil setzte, fühlte ich mich in die Welt des Parks hineingezogen. Ich weiß nicht, ob es am 2D lag oder daran, dass ich sehr weit vorne am Screen saß, aber jedes Mal ließ mich das herausstechende CGI einen surrenden Grafikprozessor im Hintergrund hören. Statt mich zu beeindrucken, katapultierten mich die Dinosaurier-Abbilder aus dem Erlebnis heraus. Bei einem Film, der sich so sehr auf diese Art von Sequenzen verlässt, fatal.
Vernichtend. Und doch kann ich eine vorsichtige Empfehlung aussprechen, die jedoch an eine Bedingung gekoppelt ist. Man muss den Film von der ersten Minute als Parodie ansehen und man wird seinen Spaß haben. Lässt man die Charaktere zu einem Witz degradieren, muss man glücklicherweise nicht mehr die Augen rollen, sondern taucht in die Welt des Trashs ein, der auf diese Weise durchaus zu unterhalten weiß. Es ist nicht die Art und Weise, wie der Film den Zuschauer umschmeicheln möchte und man läuft Gefahr, an manchen Stellen in Gelächter auszubrechen, wo der sonstige Kinosaal in Stille verweilt, doch eine andere Möglichkeit sehe ich für mich persönlich nicht, um Spaß am Film zu haben.
Bleibt nur zu hoffen, dass nun, wo der Film, einen der erfolgreichsten Kinostarts aller Zeiten hingelegt hat, der Wert und das Potenzial dieser Marke erkannt und deshalb an fähigere Hände weitergegeben wird.
Als Parodie:
6/10
Möchte man den Film handwerklich ehrlich beurteilen:
3,5/10