Hi,
also es ist tatsächlich angekommen, und da es ja bisher nicht so viele Infos über das Spiel gibt, dachte ich mir, ich mache das hier ein bißchen ausführlicher und nehme es dann als Grundlage für ein User-Review, wenn ich etwas länger gespielt hab. Wer nicht so viel lesen will, kann auch zum Fazit und den Pro-/Contrapunkten springen.
Denn zu sagen gibt es eine ganze Menge, nachdem ich ein paar Ründchen gespielt habe. Das ist eigentlich leicht untertrieben. Kaum kam ich nach Hause und schaute erfolgreich in den Briefkasten, gings schon los. So muss das sein - die Verpackung aufreißen, die DS-card in den Schacht und mich aufs Bett geschmissen, und erst mal 2 Stunden wie in Trance spielen.
Angefangen habe ich - obwohl ich mich als Civ-Veteran bezeichnen würde - mit dem leichtesten Schwierigkeitsgrad, um mal alles in Ruhe auszutesten und etwaige neue Funktionen ohne Komplikationen rauszufinden.
Das Spiel bietet für Solospieler zunächst nur zwei Modi, zum Einen die Zufallskarte und zum anderen die Szenarios. Auffällig ist die Optionsarmut bei der Zufallskarte: Während man bei den "großen" Civ's Landschaft, Klima, Anzahl und Nation der Computergegner und viele kleine Nuancen wie deren Aggressivität einstellen kann, wählt man bei "Revolution" nur einen von fünf Schwierigkeitsgraden und die eigene Nation aus und los geht's. Aber gut, darauf hatte ich mich eingestellt, ein Optionsmonster hatte ich auf Handheld eh' nicht erwartet.
Schon hier fällt einem aber dafür die liebevolle Gestaltung des Spiels auf: Die Führer jeder Nation (z.B. Bismarck oder Cäsar) sind niedliche Comic-Karrikaturen mit großem Wiedererkennungswert, die aber nicht lächerlich wirken, eher sympathisch.^^
Die eigentliche Weltkarte, auf der sich der Hauptteil des Spiels abspielt, ist da schon etwas karger: typisch für Civ ist sie allenfalls zweckmäßig. Ich bin da aber sowieso eher für Übersicht, und die ist voll gegeben: Die Einheiten sind gut zu erkennen, alles hat eine angenehme Größe. Nur die Städte sehen arg grob aus, das sind eher abstrakte Kästchen als Metropolen.
Egal, wichtig ist uffm Platz bzw. im Spiel. Und hier gehts ans Eingemachte.
Kurz für Civ-Neulinge: Das Spiel ist rundenbasiert. Man startet mit einem einzigen Siedler, der die erste Stadt gründet. Grob gesagt geht es darum, Städte zu gründen, in denen man Einheiten und Gebäude errichtet. Diese Gebäude wiederum verbessern die Städte und helfen meistens bei der Suche nach Nahrung, Ressourcen oder Produktivität. Die Ressourcen braucht man wiederum vor allem für die Einheitenproduktion, die meistens militärischer Natur sind. Ziel des Spiels ist es also, eine erfolgreiche Nation aufzubauen und in den Zeitaltern der Geschichte (Klassik, Industrialisierung, Moderne etc.) voranzuschreiten. Natürlich gibts dann immer bessere Einheiten und Gebäude. So kämpft man am Anfang mit Pikenieren und Bogenschützen, während später dann die großen Kaliber kommen: Panzer, Kriegsschiffe und Messerschmitts. Das Gleiche bei den Gebäuden, hier gibts alles von Bibliothek bis Militärkomplex. Auch die erforschbaren Technologien, die wiederum neue Gebäude, Einheiten und Regierungsformen offerieren, reichen vom Alphabet und der Reiterei bis zu Hollywood und Internet.
Es gibt zwar hin und wieder Tutorial-Einblendungen, trotzdem muss ich sagen, das das Spiel es Einsteigern ins Civ-Spielprinzip nicht grad leicht gemacht. Ich habe aber auch noch nicht ins Handbuch geschaut.
Kommen wir zum Knackpunkt, der scheinbar bei den Konsolenversionen (die ich nicht kenne) nicht ganz astrein war: Steuerung und Bedienbarkeit. Hier muss ich sagen hat Firaxis ganze Arbeit geleistet. Denn schon nach einer halben Stunde fühlte sich das Ganze einfach rund an. Die eigentliche Action findet auf dem Touchscreen statt, während auf dem Topscreen je nach eingestellter Hilfestufe ausführliche oder kurze Hinweise zur Steuerung eingeblendet werden - kontextabhängig, also je nach gewählter Einheit oder Spielabschnitt. Alle Funktionen sind sowohl mit Stylus als auch mit Tasten ausführbar. Die Touchsteuerung ist dabei sehr gelungen, man vertippt sich praktisch nie. Trotzdem habe ich mich nach kurzer Zeit für die Knopfsteuerung entschieden, weils da imho noch etwas flüssiger geht. Im Grunde ähnelt die Steuerung (besonders der Einheiten) der von Advance Wars oder Age of Kings. Die Stadtbildschirme sind übersichtlich, hier stellt man den Fokus der Bautrupps auf Produktion, Gold oder Nahrung ein und wählt die zu bauenden Gebäude oder Einheiten.
Negativ aufgefallen ist mir hier leider, das es keine Berater-Bildschirme gibt, die Statistiken und Übersichten zur Verwaltung bieten, aber dazu unten noch mehr.
Noch ein Wort zum für mich wichtigsten Part, dem Krieg!
Es gibt für Civ-Verhältnisse relativ wenig Einheiten, pro Epoche nur zwei Angriffs- und eine Verteidigungseinheit am Boden, und nur leichte und schwere Bomber in der Luft bzw. leichte und schwere Schiffe. Leider gibt es keine Ferneinheiten zum Bombardieren. Wenig ist hier aber tatsächlich relativ, denn mit der Kombination aus Boden-, Luft- und Seeeinheiten lässt sich wunderbar vielfältig taktieren. Es ist schon einfach cool, wenn man eine Hafenstadt erst vom Kriegsschiff aus bombardiert, dann noch 'ne Staffel Messerschmitt-Jäger drüber schickt und mit der mobilen Infanterie die restlichen Truppen ausradiert.

Und wenn alles nichts hilft, gibts (nach der Erforschung des Manhattan-Projekts) ja auch noch die Atombombe. Außerdem steigen Einheiten nach siegreichen Kämpfen auch auf und können Spezialfähigkeiten erlernen, z.B. einen Bonus auf Stadtangriffe oder einen zusätzlichen Zug pro Runde. Man kann auch drei Einheiten eines gleichen Typs zu einer Armee zusammenfassen, was das Ganze Geschehen sehr übersichtlich macht.
Eine nervige Krankheit von Civ ist dabei leider geblieben. Ich habe ein, zwei mal mit einer Dreier-Armee an Panzern gegen verschanzte Pikeniere verloren.
Das wird aber durch die cool umgesetzten Kämpfe wieder wett gemacht. Ich weiß das viele hier im Forum die Kampfsequenzen in AW oder FE abschalten, für mich sind das aber immer Atmosphäre-Knüller. Bei Civ sieht das wirklich gut und vor allem abwechslungsreich aus, denn die Einheiten machen nicht wie bei AW oder FE ständig die gleichen statischen Bewegungen, sondern sind dynamisch animiert. Krieger springen auch mal per Finishing-Move auf den Gegner und die Reiter schwingen ihre Lanzen und kommen befreundeten Einheiten zur Hilfe.
Hin und wieder erscheinen auch berühmte Persönlichkeiten wie Karl Marx oder Thomas Edison, welche die Kultur, Wissenschaft oder Bevölkerungswachstum pushen oder die Staatskasse füllen.
Auch kann man zwischen verschiedenen Regierungsformen wie Demokratie, Despotismus oder Kommunismus etc. wählen. Diese sind recht gut ausbalanciert, die Demokratie z.B. ist für Wissenschaft und Kultur am effektivsten, allerdings kann man von sich aus keinen Krieg erklären (also nix für mich

).
Die Diplomatie ist relativ gut, wenn auch Baukastenprinzip, man kann Bündnisse schmieden oder um Technologien feilschen.
Noch etwas zu den Unterschieden zwischen den "großen" PC-Civs und der "kleinen" DS-Variante: Ich finde man hat hier sehr sorgfältig alles aussortiert, was den Spielfluß stören könnte. In den besagten zwei Stunden habe ich (inklusive Eingewöhnungszeit) locker eine Partie geschafft. Na klar, nur auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad, da hatte ich keine Mühe die anderen Staaten einzunehmen. Die Karten sind wesentlich kleiner als auf dem PC, man hat auch nur etwa 10 Städte pro Zivilisation. Kommt aber der Übersicht zugute und tut der typischen epischen Atmosphäre und Spielweise von Civ keinen Abbruch. Man hat an sich genauso viel zu tun wie auf dem PC.
Kritk: Ein perfektes Spiel also? Nicht ganz. Schmerzlich vermisse ich vor allem eine Übersichts-Weltkarte bzw. eine Zoom-Funktion. So muss man sich hin und wieder doch einige Sekunden zurechtfinden. Zwar sind die Karten wie gesagt relativ klein, dennoch leidet manchmal die Übersicht bei Erkundunsgtouren. Das zweite Ärgernis sind die fehlenden Berater. Das heißt, es gibt sie schon, sie melden sich hin und wieder zu Wort und erklären z.B. wie die Chancen bei einem Krieg gegen einen anderen Staat stehen. Aber es gibt leider keine Übersichtsbildschirme, die zeigen, welche Städte durch Straßen verbunden sind oder wo welche Einheit postiert ist. Immerhin gibts eine Stadtübersicht samt gerade produziertem Gebäude/Einheit. Drittens fehlt mir ein bißchen die Musik. Während die niedlichen gebrabbelten Kommentare der jeweiligen Führer (an die jeweilige Landessprache angepasst) und die Soundeffekte voll in Ordnung gehen, ist sonst Stille. Aber das kriegt der DS wohl leistungstechnisch nicht mehr hin. Und prinzipiell
könnte die Optionsarmut bei den Zufallskarten zum Problem werden: Zwar ist das Spielprinzip von Civ an sich unverwüstlich und jede Partie verläuft anders, aber trotzdem hätte ich mir ein zwei Möglichkeiten zur Verfeinerung gewünscht. Ist sicher der Handheld-Schlankheit geschuldet. Schließlich und endlich die schon angesprochenen Kämpfe: Wenn man mit einer mühsam aufgebauten Armee von Mobiler Infanterie mit MG's an Bogenschützen scheitert, könnte man den DS auch mal gerne in die Ecke pfeffern. Aber daran hat man sich als Civ-Spieler ja schon gewöhnt.
Fazit: Es gibt also einige kleinere Nervigkeiten und eine gegenüber den PC-Versionen doch recht stark abgebaute Komplexität. Aber stimmt das Spielspaß-Bauchgefühl? Oh ja!!! Die typische Sucht greift ab der ersten Runde und in Sachen Komplexität und Realismus steckt "Civ Rev" jedes andere Strategiespiel auf dem DS in die Tasche. Ihr wollt eine starke Seemacht werden und die Weltmeere mit Kriegsschiffen beherrschen? Kein Problem. Ihr wollt lieber über Diplomatie und Forschung punkten und alle anderen Nationen für euch begeistern? Na klar, alles möglich. Trotz des langen Textes hab ich noch nicht alles erzählen können. Im Endeffekt hat man das Spielprinzip genau an den richtigen Stellen verschlankt, um es schlicht und einfach im wahrsten Sinne des Wortes "spielbar" auf einen Handheld zu übertragen. Das alles geht dabei so butterweich, leicht und locker von der Hand, das man schon nach ein paar Runden völlig versunken ist und über dem nächsten diplomatischen Schachzug oder dem nächsten Krieg grübelt. Ich hätte wirklich nicht gedacht, das man Civ so rund auf einen handheld umsetzten könnte. Bravo Firaxis, ich glaube ich habe mein neues Lieblingsspiel auf dem DS gefunden. Meine Prüfungen und meine Freundin werden es mir sicher nicht danken.
Positiv:
+ ausgereifte, flüssige Steuerung
+ atmosphärische und hübsche Kämpfe
+ typische Civ-Sucht
+ komplexes und doch leicht handhabbares Spielprinzip
+ realistisches und atmosphärisches Szenario mit passenden Einheiten und Technologien
+ nette Szenarios
Negativ:
- Keine Weltkarte
- Keine Beraterbildschirme
- Einstellungsarmut
- keine Musik
- hin und wieder unlogische Kämpfe (Panzer verliert gegen Pikeniere)
Puh, ich hoffe das war nicht zuviel für euch, aber ihr seht schon, ich bin doch schwer begeistert von dem Spiel und könnte pausenlos plappern.
Wer Fragen hat kann sie also gerne stellen. Besonders auch die Einsteiger, die es sicher etwas schwerer haben werden, in das Spiel reinzukommen.
PS: Eine Wertung verkneife ich mir, dazu habe ich noch zu wenig gespielt und vielleicht habe ich ja auch noch gar nicht alle Funktionen gesehen. Ich werde nachher mal das Handbuch lesen.